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Kais Buchtagebuch – Scott McCloud – „Der Bildhauer“ (USA, 2015)

Huch, das Buch hatte ich jetzt aber eine ganze Weile lang ausgeliehen. Wenn ich mich nicht täusche, ist in der Zeit sogar der Besitzer umgezogen. Wenigstens habe ich im Ausgleich den guten Hawkeye verliehen. Vielleicht bekomme ich den ja irgendwann wieder, wenn ich den Bildhauer hier abhandele.

Protagonist ist David, und er ist völlig überraschenderweise ein Bildhauer. Nun ja, einer, der nur sehr mäßigen Erfolg hat. Und so sitzt er einsam und alleine in einem Diner und ertränkt seine Sorgen in Köstlichkeiten, bis, nun ja, bis sein alter Onkel herein spaziert. David geht zwar das Licht nicht gleich auf, aber stellt dann doch noch fest, dass dieser Onkel eigentlich schon tot sein sollte. Dieser macht ihm ein verführerisches Angebot. Alles so formen zu können, wie er will und damit die tollsten Kunstwerke schaffen zu können, aber dafür nur noch 200 Tage Zeit zu haben. Ohne allzu große Überlegungen schlägt David ein. Doch wie es bei solchen Pakten nun mal der Fall ist, findet er bald darauf die Liebe seines Lebens.

Scott McCloud präsentiert in seiner ersten Graphic Novel eine in Teilen ungewöhnliche Geschichte mit einem nicht wirklich sympathischen Hauptcharakter. David ist eine schwierige Künstlerseele, der streng an seinen Prinzipien festhält (so zum Beispiel möchte er keine Almosen annehmen, was es für andere sehr schwer macht, ihm zu helfen). Zudem scheint er sich selbst nicht ganz sicher zu sein, wofür er seine Kunst macht. Um sich selbst zu verwirklichen und um der Kunst willen, das ist es, was er sich selbst gerne einredet. Allerdings spricht dagegen, dass ihn mangelnde Anerkennung so sehr gegen den Strich geht.

Wie gesagt, David verliebt sich zum unpassendsten Moment in Meg, die auch in den Künstlerkreisen verkehrt. Allerdings ist sie (mäßig erfolgreiche) Schauspielerin. Für sie schafft David es dann auch einige Prinzipien über Bord zu werfen. Neben all ihren lebensbejahenden Seiten hat sie zuweilen jedoch tief-depressive Phasen.

Wie man sieht, erwarten einen in „Der Bildhauer“ alles andere als bloße Setzkastenfiguren. So ist es auch mit der Geschichte, die eine etwas andere Mischung aus Beziehungsdrama und schräger Künstlerfantasie darstellt (ich meine, die meisten Bildhauer dürften von den Kräften, die David zuteil werden, nur träumen). Gegen Ende wird es jedoch so tragisch, dass es beinahe schon kitschig ist (wenn man irgendwie nachvollziehen kann, was ich damit meine). Es passiert quasi alles schlechte, das passieren kann, was etwas übertrieben ist.

Es ist offensichtlich, welches die Hauptthemen der Graphic Novel sind, nämlich, was richtige Kunst ausmacht (Anerkennung und Erfolg, oder nur zu machen, wonach einem ist) und was man aus seiner gegebenen Zeit macht. Zudem wird ein nicht unkritisches Bild der Künstlerszene gezeichnet.

Scott McCloud verwirklichte mit „Der Bildhauer“ nicht nur ein lang gehegtes Vorhaben (immerhin 5 Jahre Entwicklungszeit). Er verarbeitet auch Themen seiner Familiengeschichte. Diese erläutert er im Nachwort, und sie ist nicht weniger traurig, als das Werk an sich. Ja, ich gestehe, ich musste gegen Ende mal zu einem Taschentuch greifen. Dennoch verstecken sich auch immer wieder humoristische Töne in dem Buch, sonst wäre das ja aber auch nicht auszuhalten.

„Der Bildhauer“ ist definitiv einen Blick wert, auch für Leute, die sich ansonsten eher weniger für Comics begeistern können.

 
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Verfasst von - März 11, 2017 in Buchtagebuch

 

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